Ich habe nun Dutzende von Partien verfolgt und meine: "JA, die Aggressivität wird erhöht bei Gegnern, die 100-200 ELO schwächer sind!"
Wie funktioniert das? Ich sehe mindestens zwei Möglichkeiten:
a) Der Bediener erhöht manuell die Risiko-Bereitschaft gegen gewisse Gegner
b) Das Programm merkt sich, wie weit der Gegner die Variante berechnet hat
Exkurs: Auch Menschen passen den Stil manchmal dem Gegner an
a) Manchmal wird eine (Eröffnungs-) Falle gestellt, obschon es Besseres gibt
=> Vielleicht sieht er es ja nicht ?!
b) Ein intuitives - positionelles - Opfer wagt der Gegner evtl. nicht anzunehmen.
c) Einige weichen (wie ich) häufig sehr früh von der Eröffnungs-Theorie ab.
Was machen die Computer-Programme also?
a) das Programm weicht früh von der Theorie ab, vor allem bei remis-trächtigen Eröffnungen,
und vertraut auf seine höhere Rechenleistung.
b) Das Programm wählt eine Variante, die z.B. bis inkl. 12. bis 15. Zug einen Vorteil verspricht,
obschon sie evtl. nach weiteren 3-4 Zügen leicht nachteilig sein kann; hier "vertraut" das
Programm darauf, dass der Gegner diese Abwehr mangels Rechenkapazität bereits früher
verwirft.
Hier ein Beispiel aus Runde 57: Houdini gegen Komodo
Hier folgt beginnend mit g4?! ein Angriff, obschon Weiss in der Entwicklung nachhinkt - nur die wenigsten Menschen würden so aggressiv spielen, ausser eben gegen Schwächere
Konsequente Fortsetzung, der Damenflügel "schläft" noch !
18. Kg2 !?, was für ein Zug !!
Weiss hat nun alle Figuren zum Angriff positioniert und bereitet den Bauer-Sturm am Königsflügel mit h4 und g5 vor; Schwarz versucht am Damenflügel Gegenspiel zu erlangen
Schwarz hat einen Freibauern am Damenflügel, aber damit kann er Weiss nicht wirksam stören; Weiss erobert später diesen Bauern und schnürt Schwarz regelrecht ein:
Schwarz ist erledigt; nach dem Sxe6 erkennt TCEC 1:0
Eine wirklich faszinierende Partie, in der aktuellen Grossmeister-Praxis wohl selten zu finden!